Vom Höhlenmenschen zur Palastgesellschaft. Stadtentwicklung und Hausarchitektur auf Kreta im 3. und 2. Jahrtausend vor Christus
Dissertationsprojekt von Robert C. Arndt
Subjekt des Dissertationsprojektes, welches von Prof. Dr. Gerhard Hiesel, Freiburg i. Br. betreut und vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützt wird, sind die bronzezeitlichen Städte Kretas.
Die bronzezeitliche Kultur Kretas – die sog. Minoische Kultur – wie sie von einem der ersten Ausgräber, Sir Arthur Evans, genannt wurde, gilt als erste Hochkultur auf europäischem Boden. Homer sprach in seinem Epos Die Odyssee von über 90 Städten, die es auf der Insel gegeben haben soll. Wenn auch diese Zahl zu hoch gegriffen sein mag, wurde innerhalb des letzten Jahrhunderts eine Vielzahl an bronzezeitlichen Siedlungen und Städten entdeckt und freigelegt. Primäre Ziele des Projektes sind die Katalogisierung der bekannten Siedlungen und Städte und die Erstellung eines Siedlungsrasters, anhand von welchem neue Stätten eingeordnet werden können.
Der Katalog ermöglicht die Annäherung an diverse soziologische und urbanistische Fragestellungen:
1. Chronologische Annäherung: Was sind die spezifischen Bedingungen für die Entwicklung von Siedlungen und Städten? Ändern sich diese im Laufe der Zeit? Ändert sich das Aussehen der Städte im Laufe der Zeit? Wodurch lässt sich der Begriff „Stadt“ im minoischen Kontext definieren? Worin liegt der Unterschied zwischen „Stadt“ und „Siedlung“? In welcher Beziehung stehen „Stadt“ und „Siedlung“ zueinander?
2. Geographische Annäherung:
Homer nannte fünf Völker, die auf Kreta gelebt hätten. Ist es möglich, Völker anhand von unterschiedlichen Siedlungsstrukturen und Abweichungen in der Hausarchitektur zu erkennen? War die Insel von Beginn an multiethnisch oder können Migrationen erkannt werden?
3. Soziologische und forschungshistorische Annäherung: Die (Re-)Konstruktionen der minoischen Architektur im Speziellen wie auch der Gesellschaft im Allgemeinen wurde stark von der Herkunft der ersten Ausgräber beeinflusst. Um eine möglichst objektive Annäherung von den Originalbefunden her möglich zu machen, ist eine selbstkritische Analyse nötig: Was erwarte ich von einer minoischen Stadt? Wie nahe ist es überhaupt möglich, aus der subjektiven Erfahrung mit Architektur vom Befund her über ethnologische Vergleiche an die ehemalige Stadt zu kommen? Wie weit erlauben die architektonischen Überreste Aussagen über die minoische Gesellschaft?
Die für das Projekt ausgewählten Siedlungen umfassen die ganze chronologische Bandbreite der Bronzezeit. Sie liegen über die ganze Insel verstreut und nehmen Rücksicht auf verschiedene geographische Bedingungen.
Die Ergebnisse sollen einen urbanistischen Vergleich zu anderen bronzezeitlichen Kulturen, ermöglichen.